Sempervivum globiferum (Syn. Jovibarba globifera) im Karnischen Hauptkamm

Im Karnischen Hauptkamm
Im Karnischen Hauptkamm

Die Karnischen Alpen gehören zu den Südlichen Kalkalpen. Der Karnische Hauptkamm zieht sich um die österreichisch-italienische Grenze über 100 km von Ost nach West. Der ausgeprägte Kamm liegt hierbei zwischen den Einzugsgebieten der Flüsse Drau, Gail und Tagliamento. Im nördlich liegenden Gailtal und ab Sillian im Drautal und im Pustertal verläuft die Periadriatische Naht, die geologische Grenze zwischen den Kontinentalplatten von Afrika und Europa, die hier die "Südlichen Kalkalpen" von den Zentralalpen trennt.

Die Gipfel der Karnischen Alpen lagen vor 360 bis mehr als 400 Millionen Jahren noch als Korallenriffe im Meer. Dazu sind die Karnischen Alpen in ganz besonderer Weise durch geologische Vielfalt geprägt, es finden sich sowohl silikatische als auch kalkhaltige Gesteine, auch Marmor. Dies ist wiederum Grundlage für eine reichhaltige Flora, da manche Alpenpflanzen auf Kalk nicht gedeihen und andere nicht auf silikatischem Gestein. Dazu war der Alpensüdrand weniger vergletschert und weist viele Refugien auf.

Der erste hier beschriebene Standort liegt im östlichen, niederen Teil dieses Gebirgszugs, der zweite an dessen westlicher Begrenzung.

S. globiferum in der Osthälfte des Karnischen Hauptkamms

S. globiferum (Syn. Jovibarba globifera), östlicher Karnischer Hauptkamm, in der Mitte eine außen sternförmig offene Rosette, rechts oben eine 1 Euro-Münze, in situ, 22.06.2011
S. globiferum (Syn. Jovibarba globifera), östlicher Karnischer Hauptkamm, in der Mitte eine außen sternförmig offene Rosette, rechts oben eine 1 Euro-Münze, in situ, 22.06.2011

Im östlichen Karnischen Hauptkamm trafen wir auf ca. 1400 m Höhe ü. NN. auf Sempervivum globiferum (Syn. Jovibarba globifera). Die Pflanzen sind dort teilweise größer als die typischen S. globiferum subsp. arenarium, bilden aber ihren Blütenstand ähnlich aus (erst nach unten gekrümmt, was ich bei S. globiferum subsp. hirtum bislang nicht beobachtet habe),

Hier sieht man sternförmig geöffnete Rosetten, wie dies eher bei S. globiferum subsp. hirtum der Fall ist.  Deren junge Blätter in der Mitte sind aber zur Mitte gekrümmt und schützen die Sprossspitze.

Die Rosette in der Mitte ist ein klein wenig größer als eine 1 Euro-Münze.

Ähnliche Pflanzen wurden als Taxon pseudohirta bzw. pseudohirtus eingeordnet., z.B. vor einem Jahr als Jovibarba pseudohirta ( Leute ) Landolt 2010 oder schon vor ca. vier Jahrzehnten als Diopogon arenarius ( W.D.J.Koch ) Leute subsp. pseudohirtus Leute 1966.

Ob diese Pflanzen wirklich als eine eigene Art einer Gattung Jovibarba angesehen werden sollten (Jovibarba pseudohirta)? Wie groß ist der Unterschied der Merkmale zu den beiden nahestehendsten Taxa?

Sempervivum tectorum und Sempervivum globiferum, östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011, Foto: Manuel Werner
Sempervivum tectorum und Sempervivum globiferum, östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011

Die Pflanzen fanden wir inmitten einer Almweide auf darin eingelagerten Felsen. Hier sind Vertreter der Gruppe Jovibarba (rechts, Sempervivum globiferum, Syn. Jovibarba globifera) und Vertreter der Sektion Sempervivum (links, Sempervivum tectorum) zu sehen.

 

Die Jovibarba-Mutterrosette vorne ist so groß wie die größere S. tectorum-Rosette links von ihr, nicht aber so groß wie größte S. tectorum-Rosette auf diesem Bild.

 

 

Bei dem Moos rechts handelt es sich um Hedwigia, bei dem Moos links und hinten rechts um Racomitrium canescens agg..

Sempervivum globiferum, östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.08.2011. Foto: Manuel Werner
Sempervivum globiferum, östlicher Karnischer Hauptkamm, halb offene Rosette, in situ, 22.08.2011

Die Spitzen der Rosettenblätter sind hier rotbraun gefärbt. Die Rosette ist kugelförmig, obwohl sie nicht ganz geschlossen ist.

Links vorne eine Tochterrosette. Sie sitzt nicht auf der Mutterrosette,.

Beginn eines Rosettenpolsters, östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011. Foto: Manuel Werner
Halbkugeliges Rosettenpolster von S. globiferum, östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011

Auf diesem Felsbrocken bildet sich ein halbkugeliges Rosettenpolster aus. Es scheint in einem Moospolster zu wurzeln.

 

Die rote Rosette links ist dabei, einen Blühtrieb auszubilden. In ein paar Wochen hat sie einen beblätterten Stängel und einen Blütenstand.

 

Auf dem Felsbrocken sind Flechten zu erkennen. In und um dem Moospolster sind mindestens vier Moosarten aus mindestens drei Gattungen zu unterscheiden. Links des Polsters vorne Hedwigia, dahinter wie in der Felsspalte hinter dem Polster eine Schistidium-Art, und das Moospolster selber besteht aus Racomitrium canescens (agg.) und wahrscheinlich einer weiteren Art der Gattung. Vermutlich sind auch noch andere Arten in der Gemeinschaft enthalten.*

Sicherlich profitieren die Hauswurzen von den Moosen (hier von der Grauen Zackenmütze (Racomitrium canescens)), denn diese nehmen Tau auf, speichern Wasser und verhindern eine Erosion der Feinerde.

Das Artenspektrum der Flechten und Moose weist auf silikatische, aber trotzdem basenreiche Gesteinsgrundlage hin.*

S. globiferum, östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, Foto: Manuel Werner
Teppichartiger Wuchs relativ grüner Rosetten von S. globiferum, östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011

Hier wachsen die Rosetten der Jovibarba mattenartig miteinander. Sie sind grüner, wohl weil sie mehr Substrat haben wie auch bessere Wasserverfügbarkeit , vielleicht auch weniger Strahlung ausgesetzt sind.

 

Die Rosette links neben der Ein-Euro-Münze ist um einiges größer als die Münze. So eine Ein-Euro-Münze hat einen Durchmesser von 23,25 mm.

 

Die Ableger entspringen im Vergleich mit S. globiferum an der Lochen (Schwäbische Alb) eher unteren Axillen und sitzen nicht ringförmig auf der Mutterrosette.

Wesentlich kleinere Rosetten von S. globiferum, sie haben die erwartete Größe des Taxons arenarium, östl. Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011. Foto: Manuel Werner
Wesentlich kleinere Rosetten von S. globiferum, sie haben die erwartete Größe des Taxons arenarium, östl. Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011

Die Rosetten auf dem Foto links haben durchschnittlich einen Durchmesser von einem Drittel der Ein-Euro-Münze. Sie entsprechen in Größe und Rosettenform dem, was man hierbei von S. globiferum subsp. arenarium erwartet.

Sehr kleine Rosetten von S. globiferum, Wesentlich kleinere Rosetten von S, globiferum, östl. Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011. Foto: Manuel Werner
Sehr kleine Rosetten von S. globiferum, Wesentlich kleinere Rosetten von S. globiferum, östl. Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011

Diese Rosetten sind überaus zwergig, wie der Vergleich mit der Ein-Euro-Münze zeigt.

 

Dies ist eine Modifikation, weil sie in Moos (Gattung Racomitrium. evtl. R. heterostichum) mit wenig Feinerde wurzeln.

Patschnasses Zottiges Habichtskraut (Hieracium villosum), östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 12.06.2011. Foto: Manuel Werner
Patschnasses Zottiges Habichtskraut (Hieracium villosum), östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 12.06.2011

Als wir das erste Mal Richtung des Standorts der Sempervivum globiferum wanderten, hatte es geregnet, aber gerade brach das Sonnenlicht durch die Wolken. Wie zauberhafte, pelzige Märchenwesen, die begrüßend den Kopf senken, aber herrlich silbrig leuchten, zeigte sich uns diese Pflanze (wie fast alle Fotos kann man auch dieses anklicken, dann erscheint es größer).

 

Die nickenden, violetten Blüten im Hintergrund sind die des Balkan-Storchschnabels bzw. Felsen-Storchschnabels (Geranium macrorrhizum).

 

Ich finde es wichtig, bei aller Sempervivum-Suche auch empfänglich für solche Impressionen zu sein.

An diesem Tag fanden wir keine Hauswurzen.

Zottiges Habichtskraut (Hieracium villosum), östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ, 22.06.2011. Foto: Manuel Werner
Blüte des Zottigen Habichtskrauts (Hieracium villosum), östlicher Karnischer Hauptkamm, in situ 22.06.2011

Zehn Tage später suchten wir wieder dasselbe Gebiet ab. Bislang hatten wir keine S. globiferum gefunden. So kamen wir wieder an dem Habichtskraut vorbei. Es hatte soeben seine Blüten geöffnet und verzeichnete schon einen Besucher - von uns abgesehen.

 

Als wir danach fündig wurden auf der Suche nach S. globiferum, beobachteten wir auch eine Kreuzotter, die sich in der Nähe des Standortes ebenfalls wohl fühlte und nach der längeren Kälte- und Regenperiode sonnte.

 

Für einen meiner Begleiter war es ein größeres Glück, sie fotografieren zu können, als "meine" Hauswurzen zu sichten.

 

 

 

 

Manuel Werner, Nürtingen

S. globiferum an der westlichen Begrenzung des Karnischen Hauptkamms

Standort von Sempervivum globiferum, westliche Begrenzung des Karnischen Hauptkamms.
Der Standort - ein kaum 3 qm umfassender felsiger Aufschluss

Am 10.08.2010 hatte ich an der westlichen Begrenzung des Karnischen Hauptkamms Sempervivum globiferum gefunden, die etwas anders aussahen.

Die Suche war leicht, denn meine Schwester erinnerte sich, dass sie als Kind in diesem Gebiet Urlaub gemacht hatte und dabei öfters an einem Bach gespielt hatte. Mitunter habe sie auch Blumensträuße mit Bergblumen hiervon mitgebracht. Einmal sah sie sehr schöne gelbe Blüten. Später erinnerte sie sich daran, dass diese Blüten auf Stängeln gewesen waren, die Hauswurzrosetten entsprangen.

 

Mit fotografischer Sicherheit wusste sie den Standort noch und aufgrund ihrer Beschreibung gepaart mit Hauswurz-Spürsinn fand in ihn relativ rasch. Mein Neffe war dabei und seitdem ist er auch von der Suche nach Hauswurzen und Steinbrechen fasziniert.

Sempervivum globiferum, westlichen Begrenzung des Karnischen Hauptkamms, in situ, 10.08.2011. Foto: Manuel Werner
Sempervivum globiferum, westliche Begrenzung des Karnischen Hauptkamms, in situ, 10.08.2011

Hier eine Mutterrosette mit Tochterrosetten, die direkt auf dem Fels in ca. 1360 m wächst.

Sempervivum globiferum, westlichen Begrenzung des Karnischen Hauptkamms, in situ, 10.08.2011. Foto: Manuel Werner
Bewimperung (Fransen) am Rand der Rosettenblätter, Sempervivum globiferum, westliche Begrenzung des Karnischen Hauptkamms, in situ, 10.08.2011

So sehen ihre Wimpern aus, die Haare an den Rändern der Rosettenblätter. Da sie so derb sind, werden sie auch als Fransen bezeichnet.

 

Vielleicht kommt die deutsche Bezeichnung "Gewöhnliche Fransenhauswurz" für die Art Sempervivum globiferum von diesen Fransen.

Große, offene Rosette von S. globiferum, Sempervivum globiferum, westliche Begrenzung des Karnischen Hauptkamms, in situ, 10.08.2011. Foto: Manuel Werner
Große, offene Rosette von S. globiferum, westliche Begrenzung des Karnischen Hauptkamms, in situ, 10.08.2011

Die größte Rosette dieser Population maß 3 cm im Durchmesser, die Länge der Stolonen liegt um 1 cm.

 

Hier werden auch Tochterrosetten in oberen Axillen gebildet.

 

Die Rosette hatte mehr Substrat zur Verfügung. 

S. globiferum bildet auch hier ausgedehnte Matten, Große, offene Matten, westliche Begrenzung des Karnischen Hauptkamms, in situ, 10.08.2011. Foto: Manuel Werner
S. globiferum bildet auch hier ausgedehnte Matten, Große, offene Matten, westliche Begrenzung des Karnischen Hauptkamms, in situ, 10.08.2011

Auch hier bildet die Population an manchen Stellen ausgedehnte Matten und es finden sich Individuen, die großer als 2 cm im Durchmesser sind.

 

Manuel Werner, Nürtingen

*Für die Bestimmung der Moosarten bzw. -gattungen und deren Hinweise auf die Gesteinsgrundlage danke ich "Jörg" aus nafoku.

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